Docks und Große Freiheit 36 mit Schwurbler-Vorwürfen konfrontiert
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Pic: Matthias Mathies
17.03.2021, 11:13

Docks und Große Freiheit 36 mit Schwurbler-Vorwürfen konfrontiert

Dem Konzertveranstalter FKP Scorpio sowie dem Online-Magazin laut.de und der Plattenfirma Audiolith Records zufolge sollen die beiden Hamburger Musikclubs Docks und Große Freiheit 36 demokratiefeindlichem Gedankengut ein Forum geboten haben.
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Wie laut.de berichtet, hängen bzw. hingen "an beiden Orten verschwurbelte Aufrufe in Form von Plakaten und Flyern, dass einem Angst und Bange wird. Aufforderungen wie "Bewaffnet euch" oder URL-Tipps der Sorte kenfm.de und rubikon.de sind für die Verantwortlichen der Konzerthäuser offenbar Meinungsäußerungen, die in Deutschland viel zu wenig Gehör finden. Oder in ihren eigenen Worten: Man wünsche sich durch die Aushänge 'eine Relativierung der Informationen' neben den 'Mainstream-Medien' (Facebook-Post)."

Laut Audiolith Records, die auch Fotos der betreffenden Aushänge teilten, sind die beiden Clubs "schon seit Beginn der Pandemie komplett auf Schwurbler-Kurs. Die Wände der beiden Clubs wirken seit einem Jahr wie ein Sammelsurium von wahnhaften Verschwörungstheorien rund um das Virus, welches zig tausend Menschen alleine hier zu Lande das Leben kostet und vor allem bei den 'Risikogruppen' dazu führt, dass sie seit einem Jahr abgeschottet und in Angst leben müssen."

In einem offenen Brief äußern sich die Konzertveranstalter FKP Scorpio auch im Namen zahlreicher weiterer Veranstalter:

"Liebes DOCKS,

Liebe Grosse Freiheit 36,

mit großer und wachsender Enttäuschung haben wir in den vergangenen Monaten beobachten müssen, dass ihr zunehmend gefährlichem und demokratiefeindlichem Gedankengut ein Forum bietet. Spätestens mit indirekten Aufrufen zur Gewalt und dem Verweis auf rechtspopulistische und verschwörerische „Medien“, die diesen Namen nicht verdienen, hat unsere Geduld ihr Ende gefunden.

Wir können uns denken, dass ihr eure Botschaften von der Meinungsfreiheit gedeckt seht – und auf die harmloseren Parts eurer Wandzeitung mag das auch zutreffen. Die meisten der indiskutablen Botschaften wurden mittlerweile offenbar entfernt, was uns nicht überrascht und wahrscheinlich nur aufgrund des öffentlichen Drucks geschehen ist. Wir fordern euch hiermit auf, diese Wände umgehend abzubauen und künftig persönliche Meinungsäußerungen klar erkennbar als solche darzustellen, anstatt wie bisher aus der Deckung des Gesamtkonstrukts eurer Spielstätten zu agieren. Am entstandenen Schaden und unserer konsequenten Ablehnung dieses Gedankenguts ändert das nichts. Indem ihr Falschinformationen streut, instrumentalisiert ihr nicht nur uns und eure eigenen Spielstätten, sondern vor allem die Künstler*innen, die maßgeblich zu eurem vormals guten Namen beigetragen haben. Sehr viele von ihnen, aus dem In- und Ausland, haben uns bereits auf diese Situation angesprochen und sind nicht länger bereit, auf euren Bühnen Musik zu machen – dasselbe trifft natürlich auch auf unsere eigenen Mitarbeiter*innen und Tourneepartner*innen zu. Dies ist ebenso verständlich wie schädlich für euch, da wir Unterzeichnenden für weit über 90 Prozent eures Programms verantwortlich sind.

Aber letztlich ist das gar nicht der entscheidende Punkt: In einer Zeit, in der unsere Branche zusammenstehen sollte, und in der sich unzählige Menschen nach der verbindenden Kraft von Live-Kultur sehnen, sucht ihr anscheinend den Schulterschluss mit Schwurblern, Verschwörern und jenen, die keinen Widerspruch darin sehen, neben Nazis für Demokratie zu demonstrieren. Das können und werden wir nicht länger akzeptieren. Veranstaltungen unter eurem Dach kommen unter diesen Bedingungen für uns nicht infrage – den daraus entstehenden Schaden für alle Gäste und den Kulturstandort der weltoffenen Stadt Hamburg werden wir dafür in Kauf nehmen.

Da wir aber im Gegensatz zu euch nicht der Meinung sind, dass es in diesem Land keine Meinungsfreiheit gibt, möchten wir euch zumindest die Gelegenheit geben, zu dieser Sache Stellung zu beziehen. Wie kam es zu diesen Vorgängen, und kann es eurer Ansicht nach eine Lösung geben, die mehr als ein Lippenbekenntnis ist?"