Interview mit der Demo-/Eigenproduktionsband 06/20
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25.05.2020, 12:01

QUASARBORN - Interview mit der Demo-/Eigenproduktionsband 06/20

Unser Tipp des Monats unter den Eigenproduktionen klingt ambitionierter und vor allem eigenständiger als ein Großteil der Thrash-Bands, die sich heutzutage ohne große Entwicklung von Album zu Album hangeln. Dabei verstehen sich QUASARBORN aus Belgrad, hervorgegangen aus den serbischen Techno-Thrash-Größen Space Eater, längst nicht mehr als reine Verprügel-Band, was beim Hören des zweiten Albums „A Pill Hard To Swallow“ schnell einleuchten dürfte. Es folgt unser Interview mit Sänger/Gitarrist Luka Matković, der neben dem Großteil des Songwritings auch die Produktion im eigenen Studio verantwortet hat.
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Luka, für alle Neueinsteiger: Wie kam es zur Gründung von QUASARBORN und wer hatte die Idee für den untypischen Namen?

»Wir haben die Band Anfang 2016 gegründet, weil wir unsere neue Richtung nicht unter dem Namen Space Eater weiterführen wollten. Space Eater waren immer das Kind und die Vision von Boško Radišic (Sänger und Kultfigur der serbischen Szene, 2009 bei einem Hausbrand ums Leben gekommen, lk). Sein Stil war eine Mischung aus Old-School-Thrash und US-Power-Metal. Ich bin in seiner Band quasi aufgewachsen, das hat die Welt für mich bedeutet. Irgendwann war es dann einfach an der Zeit, die alten Grenzen zu überwinden. Und was den Namen angeht: Ich interessiere mich sehr für Astronomie und wollte einen Begriff aus diesem Bereich. Quasare sind die aktiven Kerne von Galaxien - Tihi, unser Drummer, hat das -born angefügt, der Rest ist Geschichte.«

Euer Debüt „The Odyssey To Room 101“ klang noch sehr nach Space Eater.
»Ja, es war eigentlich auch als viertes Album von Space Eater gedacht, hat aber einfach nicht mehr gepasst, je mehr neue Aromen wir hinzugefügt haben. Heute sehe das Album als Brücke zwischen beiden Bands.«

Mit „A Pill Hard To Swallow“ habt ihr die Grenzen des Thrash deutlich überschritten, so wie es 1989 beispielsweise Toxik mit „Think This“ gemacht haben. Sind sie ein großer Einfluss?

»Ja, „Think This“ ist eines meiner absoluten Lieblingsalben. Forbidden und die ersten drei Megadeth-Scheiben würde ich noch dazu nehmen. Ich liebe die Kreativität von Chris Poland und Marty Friedman als Sologitarristen. Und von den Riffs her haben mich auch Kreator zu „Extreme Aggressions“-/“Coma Of Souls“-Zeiten inspiriert.«

Beim Gesang sieht’s ganz anders aus…

»Ja, da bin ich ein großer Fan von M. Shadows (Avenged Sevenfold) und Mladen Vojičić Tifa von der bosnischen Band Bijelo Dugme. Alle Einflüsse kann ich dir hier gar nicht aufzählen, das wären zu viele.«

Deine Pop-Affinität ist in jedem Fall hörbar.

»Es geht darum, eigenständig zu sein. Aber da muss ich jetzt ein bisschen ausholen. Ich war immer auch fasziniert von Leuten, die im eigentlichen Sinne gar keine Sänger sind: Sean Killian, Attila Csiha, John Tardy, Tom Angelripper. Dazu dann die sofort erkennbaren Supersänger wie John Bush, Joey Belladonna, Charlie Sabin oder John Cyriis. Mit vielen Metal-Stimmen von heute kann ich gar nichts mehr anfangen, weil sie alle so ähnlich klingen. Ganz schlimm waren die Metalcore-Brüller von vor zehn, 15 Jahren. Beim Pop hingegen gibt es viele sehr gute Stimmen, so fürchterlich der Rest auch manchmal ist. Ich versuche, das Beste aus beiden Welten zu verbinden. Als Kind habe ich oft gescherzt, dass ich gerne mal Death Metal mit Celine-Dion-Gesang hören würde. Was Ähnliches mache ich jetzt mit QUASARBORN, haha.«

Liegt die größere Herausforderung im Ausbau der Spieltechnik oder im Schreiben von kompakten Songs?

»Gute Frage, die ich für uns klar beantworten kann: Das Wichtigste ist immer der Song! Die Technik in unserer Musik kommt daher, dass wir von allzu simplen Riffs und Melodien einfach sehr schnell gelangweilt sind. Andererseits gibt es tausende Bands, die viel technischer und vertrackter klingen als wir. Unser Anspruch ist es, mit unserer Musik Gefühle auszudrücken, die direkt nachvollziehbar sind. Trotzdem wollen wir uns an den Instrumenten immer weiter fordern.«

Welche neueren Bands gefallen Dir im Metal- und Rock-Bereich?

»Ich bemühe mich, die meisten Thrash-Revival-Bands gut zu finden, aber meistens scheitert es am einfallslosen Gesang. Dr. Living Dead finde ich sehr gut, auch Crisix, dazu die slowenische Band Eruption und die deutschen Surgical Strike, die wir auf unserer ersten Tour getroffen haben. Nervosa fand ich auch stark, so lange sie Pitchu Ferraz als Schlagzeugerin hatten. ‚Agony‘ hatte keine editierten Drums, kein Triggering - das macht einen gewaltigen Unterschied für mich. Natürlich mag ich viele lokale Thrash-Bands. Und vor Kurzem habe ich eine englische Band entdeckt, die mich echt umgeblasen hat: Dream Tröll (aus Leeds. lk). Ihr melodisches Songwriting ist sehr eigenständig. Kann ich nur empfehlen!«

Wen oder was meinst Du mit der bitteren Pille aus dem aktuellen Albumtitel?

»Das ist die Pille, die wir den Leuten verabreichen, die von uns ein weiteres Album im Space-Eater-Stil erwartet haben. Im Titelsong singe ich “I’m a pill hard to swallow”, weil ich mich von vielen Leuten einfach nicht mehr verstanden gefühlt habe, als wir uns mit QUASARBORN immer stärker verändert haben. Das hat sich im Laufe der Monate dann merklich verbessert, wir wurden mehr akzeptiert. Und ich bin als Mensch gewachsen, lasse mich nicht mehr so schnell irritieren.«

Was treibt Dich an?

»Musik zu machen, ist alles für mich. Meine Motivation für die Band ist grenzenlos. Dazu arbeite ich exzessiv in meinem Studio „Citadela“ und mache Krafttraining. Aber der Hauptantrieb und Kern sind QUASARBORN.«

Ihr macht alles in Eigenregie, bis hin zum Artwork und zur Promotion. Braucht ihr überhaupt ein Label?

»Nicht wirklich, außer es könnte uns etwas garantieren, das wir nicht selbst draufhaben. Wir sind eine kleine Band, auf diesem Level geht es vor allem darum, viel live zu spielen.«

Wie steht’s um die serbische Szene?

»Es gibt eine Menge gute Bands hier, viele extrem talentierte Musiker und Songschreiber, aber von der Musik leben kann praktisch niemand, deshalb sterben die meisten Bands, wenn die Leute älter werden und weniger Zeit haben durch Jobs, Familien und so weiter. Wer Tipps braucht, dem empfehle ich Alitor, Centurion, Infest, Deadly Mosh, Sigma Epsilon, Gavranovi, Nemesis, Jenner und Nadimač. Dazu gibt es noch diese junge Band namens Culprit’s Footprints, die man beobachten sollte. Von da kommt auch unser neuer Gitarrist Dimitrije.«

Was war euer bisheriges Highlight als Band?

»Unser Einzelkonzert in Belgrad 2018. Geil waren natürlich auch diverse Festival-Auftritte wie der beim Exit oder ETEF. Und von den Auslandsshows die in Tschechien und Hildesheim 2018, als wir diesen kleinen Club (das „Thav“, lk) an einem Wochentag so richtig zum Kochen gebracht haben.«

Corona dürfte die Album-Promotion gehörig ins Stocken gebracht haben…

»Das kannst du laut sagen. Wir mussten unseren Präsentations-Gig in Belgrad drei Tage vor dem Termin absagen, das war ein harter Schlag in Sachen Moral und Finanzen. Wir hatten echt hart gearbeitet im Vorfeld, es ist ein richtiger Hype entstanden - und dann kam der harte Lockdown mit Ausgangssperren. Erst waren wir so richtig angepisst, dann haben wir das Beste aus dem Zuhausesitzen gemacht und angefangen, neue Songs zu schreiben.«

Kannst Du von Deiner Studioarbeit leben?

»Noch nicht ganz. Ich habe das Studio jetzt komplett renoviert und bekomme mehr und mehr Buchungen - es entwickelt sich in die richtige Richtung. Aber der Zeitaufwand ist schon enorm. Band und Studio sind eigentlich zwei Fulltime-Jobs, wenn Du es ernsthaft betreibst. Aber ich will nicht klagen.«

Dazu spielst du noch in vier anderen Bands, wenn ich richtig informiert bin.

»Volles Mitglied bin ich neben QUASARBORN nur bei der bosnischen Speed-Legende Bombarder. Die anderen Bands haben mehr Projektcharakter. Oder ich helfe bei Freunden aus, die gerade Besetzungswechsel haben und noch nach neuen Leuten suchen.«

Was glaubst du, wie das erste Konzert nach Corona aussehen wird? Hilft Dir die Vorstellung, um am Ball zu bleiben?

»Motiviert bin ich so oder so, von daher frage ich mich eher, ob das alles gleich wieder funktionieren wird, wenn es erlaubt ist. Vielleicht haben die Leute ja eher Angst, in die Clubs zu gehen, wer kann das zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen? Ich hoffe, dass unser erstes Konzert der nachgeholte Gig in Belgrad wird. Was dann kommt - da habe ich keine Präferenzen. Ich will überall spielen, wo uns die Leute sehen wollen. Und nicht nur dort! Menschen zu überzeugen, die uns noch nicht kennen, macht genauso viel Spaß.«

Wie wird sich Album Nummer drei anhören?

»Ganz anders (lacht). Lass dich einfach überraschen. Die neuen Lieder unterscheiden sich genauso stark vom aktuellen Album wie sich die „Pill...“-Songs von der ersten Scheibe unterschieden haben. Wir entwickeln uns konstant weiter, als Menschen und Musiker - und das färbt deutlich auf QUASARBORN ab.«

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